Parlamentswahl am 6. Februar 2011

Am Sonntag, 6. Februar 2011, findet auf Kap Verde die nächste Parlamentswahl statt. Neben der regierenden Partido Africano da Independência de Cabo Verde (PAICV) unter Ministerpräsident José Maria Neves treten auch die oppositionelle Movimento para a Democracia (MpD) mit Carlos Veiga an der Spitze sowie die sich als christdemokratisch verstehende União Cabo-Verdiana Independente e Democrática (UCID) und die Partido Social Democráta (PSD) an. Die Kleinstparteien Partido do Trabalho e da Solidariedade (PTS), Partido da Renovação Democrática (PRD) und Partido da Convergência Democrática (PCD) stellen sich offenbar nicht zur Wahl.
 
Der Wahlkampf ist nur sehr kurz - er wird vom 20. Januar bis zum 4. Februar durchgeführt. Den Wahltermin hatte Präsident Pedro Pires nach Gesprächen mit Parteien und Regierung bekannt gegeben. Die Parteien hatten bis zum 28. Dezember Zeit, ihre Kandidatenlisten aufzustellen, die anschließend von den lokalen Gerichten geprüft wurden. Die Wahllokale sind von 8 bis 18 Uhr Ortszeit geöffnet. Die Registrierung der Wähler im Inland sowie im Ausland war am 3. Dezember abgeschlossen worden - nach dem Gesetz 65 Tage vor der Wahl.
 
In einer Umfrage vom Juli/August 2010 lag die PAICV deutlich vor MpD und UCID. Danach hätte sie im Frühjahr 2011 erneut Chancen auf die absolute Mehrheit im Parlament. Die Umfrage ergab auch, dass der Chef der UCID, António Monteiro, im öffentlichen Ansehen vor dem MpD-Vorsitzenden Carlos Veiga lag. Bei einer weiteren Umfrage im August/September lag die PAICV bei 33 Prozent, die MpD bei 28 Prozent. Die UCID kam weit abgeschlagen auf 3,3 Prozent. Im Oktober stieg die Zustimmung für die PAICV weiter an: Zu diesem Zeitpunkt lag die Regierungspartei bei 38,5 Prozent. Die MpD kam auf 20,6 Prozent, die UCID auf zwei Prozent. Allerdings nahm gleichzeitig die Zahl der unentschiedenen Wähler von 23,5 auf 32,4 Prozent zu. Mehr als
43 Prozent der Wähler nahmen an, dass die PAICV die Parlamentswahlen gewinnen werde. An der Umfrage beteiligten sich 802 Wähler.
 
Die politische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes wird von der Mehrheit der Bevölkerung positiv gesehen. In einer weiteren Umfrage der Zeitung A Semana im Juli 2010 zum 35. Jahrestag der Unabhängigkeit mit 2.222 Befragten bezeichneten 41 Prozent die Entwicklung als „sehr gut“, weitere 25 Prozent sprachen von „gut“, 21 Prozent von „zufrieden stellend“. Vier Prozent beurteilten die Entwicklung „schlecht“, zwei Prozent als „sehr schlecht“. Sechs Prozent der Befragten waren der Meinung, dass Kap Verde am besten nicht unabhängig geworden wäre.
 
In ersten Stellungnahmen aus dem Herbst 2010 war erkennbar, an welchen Argumentationslinien der Wahlkampf verlaufen wird. Die PAICV hebt neben dem hohen internationalen Ansehen des Landes vor allem ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes und die daraus resultierenden Erfolge in den vergangenen Jahren hervor. Dagegen konzentriert sich die MpD auf die Kritik an der nach ihrer Sicht einseitigen Ausrichtung der Wirtschaftspolitik auf vermeintliche Großprojekte wie den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bei gleichzeitiger Vernachlässigung der ländlichen Gebiete. Dort lebt immer noch die Mehrzahl der Einwohner. Zudem würden rund 75.000 Menschen an der Armutsgrenze leben.
 
Die Besonderheit des kapverdischen Wahlrechts besteht darin, dass auf den Inseln lediglich 66 von 72 Abgeordneten gewählt werden. Die restlichen sechs vertreten die Wahlkreise „Afrika“, „Amerika“ und „Europa/Rest der Welt“, wo die Emigranten ebenfalls zur Wahl aufgerufen sind. Insgesamt wollen jetzt mehr als 32.100 Emigranten ihre Stimme abgeben. Nach Angaben der Nationalen Wahlkommission gibt es dabei folgende Verteilung: Portugal 10.500, USA 6.850, Frankreich 3.107, Angola 2.000, São Tomé and Príncipe 1,840, Senegal 902, Luxemburg 708, Brasilien 647, Schweiz 329, Spanien 200, Schweden 195, Italien 194, Deutschland 187, Niederlande 105, Guinea-Bissau 101, Kuba acht und Asien vier. Für das Parlament gibt es insgesamt 13 Wahlkreise: Santiago-Süd, Santiago-Nord, Sal, Brava, Fogo, São Vicente, São Nicolau, Santo Antão, Maio, Boa Vista, Afrika, Europa und Amerika.
 
Bei der Wahl 2001 hatte die PAICV 40 Sitze (47,27 Prozent) in der Nationalversammlung gewonnen, die MpD war auf 30 Sitze (39,77 Prozent) gekommen. Die ADM, ein Zusammenschluss kleinerer Parteien, konnte zwei Sitze gewinnen (6,02 Prozent). 2006 konnte die PAICV ihre Position noch etwas ausbauen. Sie gewann 41 Mandate (52,28 Prozent). Die MpD erzielte 29 Sitze (44,02 Prozent). Die UCID konnte auf São Vicente zwei Sitze gewinnen (2,64 Prozent). Ohne Mandate blieben die PRD mit 0,64 Prozent und die PSD mit 0,41 Prozent der Stimmen. 2006 gingen insgesamt 322.735 Wähler zu den Urnen.
 
Die Wählerregistrierung hat übrigens auch der Familienzusammenführung gedient. So fand Antónia Xavier Cardos (53) nach mehr als 40 Jahren ihren Vater Adeline (78) wieder. Die Familie hatte in Angola gelebt und war in den Wirren des dort 1974/75 beginnenden Bürgerkriegs auseinander gerissen worden. Während die Tochter in Süd-Angola blieb, floh ihr Vater nach Kap Verde. Nachdem sich die Tochter für die Wahl hatte registrieren lassen, kam heraus, dass der Vater heute auf Fogo lebt. Wenig später konnten die beiden zum ersten Mal miteinander telefonieren.
 
Weitere Informationen im Internet:
paicv.cv
mpd.cv (derzeit nicht erreichbar)
carlosveiga2011.com
ucid-cv.com
cne.cv
 
Außerdem gibt es bereits zahlreiche Werbevideos bei youtube.com (hier Suche nach PAICV oder MpD).
 
Einige Wochen nach der Parlamentswahl findet auch die Präsidentschaftswahl statt. Ein Termin wurde bis Ende 2010 noch nicht mitgeteilt. Als mögliche Kandidaten für das Amt des Präsidenten haben sich bisher folgende Politiker ins Gespräch gebracht bzw. haben ihr Interesse bekundet:
 
PAICV
1) Aristides Lima
2) David Hopffer Almada
3) Manuel Inocêncio Sousa
 
MpD
1) Amilcar Spencer Lopes
2) Jorge Carlos Fonseca
3) José Luís Livramento
Reinhard Küchler
2.1.2011