Unbekanntes Kap Verde

Als reiseverrückter Globetrotter hatte ich schon viele Gebiete der Welt bereist, hatte Geographie studiert und war schon einige Jahre als Lehrer (in Hamburg) tätig, aber die Kapverdischen Inseln habe ich das erste Mal erst bewusst namentlich wahrgenommen, als ich in den 70er Jahren am Ende einer Herbstferienreise durch Westafrika am Flughafen von Dakar auf den Rückflug nach Deutschland wartete: Auf der Abfluganzeigentafel hieß der für mich einzige unbekannte Zielort „Praia“. So wurde mir der Inselstaat „Kapverden“ über den Namen der Hauptstadt als Flugziel erst ein Begriff.

Die Kapverden kamen auf den „Zettel“ der noch zu besuchenden Reiseziele - und blieben dort bis 1986, als ich auf ein Inserat des damaligen Deutsch-Kapverdischen-Freundeskreises (DKF) e.V. stieß: Angeboten wurde eine zweiwöchige Studienreise auf die Kapverden, genau zur richtigen Zeit, nämlich in den Hamburger Herbstferien.

Zur Vorbereitung traf man sich mehrfach im Büro des damaligen Honorarkonsuls. So lernte ich die damaligen Aktivisten des gerade knapp einjährigen DKF, insbesondere auch den Vorsitzenden Konny G. Neumann, kennen und schätzen.

Diese „Pionierreise“ führte unsere kleine Gruppe schon gleich auf 5 der neun bewohnten Inseln; auf späteren Reisen habe ich dann auch noch weitere Inseln besucht. Denn es gab weitere Reisen: der kleine Inselstaat hat mich sofort fasziniert und nicht wieder „losgelassen“.

Das liegt zunächst daran, dass diese Inselwelt für Reisende ein weitgehend „unverbrauchtes', spannendes Neuland darstellt. Zudem sind die einzelnen Inseln sehr verschieden voneinander; die große Vielfalt des Landschaftsbildes reicht von den weiten, menschenleeren Sandstränden bis zu den grandiosen, vulkanischen Gebirgslandschaften. Die Kapverden bieten außerdem ganzjährig Wärme, Sonnengarantie, herrlich saubere Luft und das glasklare, warme Meer mit seinen Wassersportmöglichkeiten.

Was einen aber besonders für das Land einnimmt ist seine Bevölkerung. Denn obwohl die Kapverden zu den ärmsten, am wenigsten entwickelten Staaten der Welt gehören und die Armut der Menschen vielfach nicht zu übersehen ist, bietet sich nirgends, weder in den größeren Städten noch in den ländlichen Teilen der Inseln ein Bild des Elends, der Trostlosigkeit oder der Kriminalität. Nach der Unabhängigkeit 1975 hat ein ungeheurer Aufbauwille der Bevölkerung das Land erfasst, so dass gewaltige Fortschritte in der wirtschaftlichen und sozialen Situation erreicht wurden.

Selbstmitleid ist den Bewohnern völlig fremd. Mit einem bewundernswerten Optimismus, mit Geduld und Phantasie haben sie der kargen Natur ihrer Inseln ihre Weiterexistenz abgetrotzt. Überall, wo man hinkommt, wird hart gearbeitet. Das, was im Land bereits aufgebaut wurde und auch für Reisende wichtig ist, funktioniert: Die Bank, die Post, die gesamte Verwaltung. Auch Busse, Schiffe und Flugzeuge fahren ziemlich zuverlässig.

Die Bevölkerung kann stolz sein und legt auch Reisenden gegenüber eine selbstbewusste Freundlichkeit an den Tag. Sie ist ungemein aufgeschlossen und hilfsbereit.
Die positiven Eindrücke sind so stark, dass man unweigerlich eine tiefe Zuneigung zu diesem Land und seinen Bewohnern bekommt: Man fühlt sich wohl auf den Kapverden! Und: Hier kann man seine Seele baumeln lassen!

Noch 1986 wurde ich deshalb im DKF als Vorstandsmitglied für Öffentlichkeitsarbeit aktiv und habe einige Jahre lang Informationen über die Kapverden gesammelt und an interessierte Kapverdenreisende weitergegeben; ziemlich zeitaufwändig, denn PCs waren noch nicht verbreitet und das Internet unbekannt.
Angesichts der Fülle der gesammelten Materialien entschloss ich mich schließlich, alle Kenntnisse in einem Reiseführer zusammenzufassen.

Ich meine auch noch heute, dass der Tourismus angesichts fehlender sonstiger Ressourcen für die Kapverden eine sinnvolle Entwicklungsperspektive darstellt und deshalb das Werben um Touristen für das Land eine wichtige Aufgabe des DKF zur Unterstützung des Landes bedeutete.

Wochenlang suchte ich einen Verlag, bis Klaus Stromer vom Regenbogenverlag in Zürich grünes Licht gab. Zwei Jahre lang habe ich dann immer so nebenbei alle erhältlichen Informationen über die geographischen und politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Landes und seiner Bevölkerung zusammengetragen; getippt wurde alles von meiner Frau mit der Schreibmaschine. 1989 kam das Buch „Stromers Praktischer Reiseführer“ dann in einer Auflage von 2000 Exemplaren auf den Markt. Leider konnte ich in den Folgejahren das „Abenteuer“ Buchautor nicht fortsetzen und auch meine Aktivitäten im DKF musste ich zurückschrauben, denn der große Zeitaufwand ließ sich mit Beruf und Familie nicht mehr vereinbaren.

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe neuer Reiseführer und die „Öffentlichkeitsarbeit“, ganz abgesehen von der sonstigen Vereinsarbeit, wird in hervorragender Weise von Arne Lund (zusammen mit Petra Schmidt) geleistet.

Ich bin nach wie vor gerne Mitglied in diesem Verein, der sich inzwischen vom DKF zum Europäisch-Kapverdischer Freundeskreis e.V. vergrößert und umbenannt hat.

Abgesehen von der Unterstützung des Tourismus durch die unverändert notwendige Weitergabe von Reiseinformationen pflegt der Verein von Anfang an eine erfolgreiche Schulpartnerschaft. Durch die „Vereinsnachrichten“ erfährt man ständig die neuesten Nachrichten über das Land. Besonders erfreulich ist auch, dass viele Mitglieder des Vereins äußerst aktiv sind und mit großem, persönlichen Engagement viele kleine sinnvolle Entwicklungshilfeprojekte vorantreiben.

Ich weiß deshalb, dass meine Vereinsbeiträge und die sonstigen Spenden für den EKF gut „angelegt“ sind und freue mich auf weitere erfolgreiche Jahre.

Anmerkung: Holger Matthews ist Autor von „Stromer´s Praktischer Reiseführer Kapverdische Inseln“.
Arne Lund
8.5.2005