Seit der Unabhängigkeit 1975 hat die Postverwaltung der Republik Kap Verde kaum mehr als 450 Briefmarken und rund 40 Blocks herausgegeben. Damit gehört das Land zu den wenigen dauerhaft soliden Gebieten in Afrika. Ein Jahresabonnement kostet deutlich weniger als beispielsweise ein kompletter Jahrgang der deutschen oder österreichischen Post. Fast alle Marken haben einen direkten Bezug zu Kap Verde - die Themenpalette reicht von Flora und Fauna bis zu Literatur und Musik. So erschienen im Mai 2003 zwei Marken und ein Block zu Ehren von Cesaria Evora. Übertreibungen wie in Angola (1995-2001) oder Sao Tome e Principe (1977-heute) zu Lasten der Sammler sind in Praia völlig unbekannt. Trotzdem wird das Land von den Philatelisten in Europa noch weitgehend ignoriert, der schlechte Ruf afrikanischer Briefmarken macht sich hier völlig zu Unrecht negativ bemerkbar. Wer also ein abwechselungsreiches und interessantes Gebiet sucht (und gleichzeitig ein Entwicklungsland unterstützen möchte), dem kann Kap Verde nur empfohlen werden.
Der Kauf aktueller kapverdischer Briefmarken und Ersttagsbriefe in Deutschland ist einfach: Einige Versandhändler haben sich auf weltweite Neuheiten spezialisiert und liefern in der Regel einmal im Jahr oder nach Erreichen einer bestimmten Summe gegen Rechnung aus. Bei den Ersttagsbriefen gab es in den vergangenen Jahren zwar manchmal Probleme, hier konnte man aber in Portugal fündig werden. Wesentlich schwieriger ist dagegen die Suche nach Briefmarken bis etwa Mitte der 90er Jahre. Denn aufgrund der meist geringen Auflagen sind die Lager nicht mehr komplett. Geduld und ein bisschen Glück sollten deshalb mit einkalkuliert werden. Doch es gibt noch einen Weg, um kapverdische Briefmarken zu kaufen: Bei der Post in Praia (Correios de Cabo Verde S.A.R.L., Caixa Postal 92) wird durch die Zusendung von Bargeld und der genauen Angabe der Wünsche ein Konto eröffnet, von dem dann die Abbuchung nach Erscheinen der Neuheiten erfolgt. Auch lohnt sich bei einem Besuch auf dem Plateau von Praia ein Abstecher in die 'Filatelia' im Gebäude der Hauptpost. Im Angebot sind hier neben den Briefmarken auch die von der Post herausgegebenen Ansichtskarten (seit Mitte der 90er Jahren sind mehrere Serien erschienen, zuletzt mit Fotos von Marit Roloff Atanazio) und Zusammenstellungen früherer Jahrgänge. In den anderen Postämtern der Inseln gibt es meist nur ein sehr begrenztes Marken-Angebot, eine Nachfrage kann hier trotzdem hilfreich sein.
Die erste Briefmarke der Republik Kap Verde erschien am 19. Dezember 1975 - also mehr als fünf Monate nach der Unabhängigkeit. Dies belegt, dass im Postwesen des Landes zunächst andere Probleme gelöst werden mussten als die Herausgabe neuer Ausgaben. In der Zeit nach dem 5. Juli 1975 wurden die Briefe zunächst durch Barfreimachung oder durch die Verwendung von Marken aus der portugiesischen Kolonialzeit bezahlt. Belege des Jahrgangs 1975 sind jedoch sehr selten und werden heute von Spezialisten mit hohen Preisen bewertet. Von 1976 bis vermutlich 1980 wurden Briefe auch mit den sogenannten Mischfrankaturen verschickt: Auf ihnen klebten portugiesische Kolonialausgaben und modere kapverdische Briefmarken, die seit 1976 aufgelegt wurden.
Da es offenbar in der Hauptpost von Praia und den anderen Postämtern noch Bestände von portugiesischen Kolonialmarken gab, wurden von der Nationaldruckerei von Dezember 1975 bis Mai 1978 auf insgesamt sechs dieser Marken Aufdrucke hergestellt. Sie gehören heute größtenteils zu den seltenen Ausgaben der Republik, da einige von ihnen entweder nur kurz zur Frankatur zugelassen waren oder - wie im Fall der 'Olympia-Marke' 1976 - wie vom Verkauf zurückgezogen wurden. Im Briefmarkenhandel sind sie in der Regel nicht mehr zu finden - einige wenige Stücke sind im Besitz von Sammlern, die anderen wurden verbraucht und dann sicherlich achtlos weggeworfen. Auf der anderen Seite wurde die erste Marke der Republik vom Dezember 1975 noch in den 90er Jahren von der Post in Praia verklebt.
Außer den Aufdruckmarken wurden im Zeitraum 1976 bis Anfang 1980 kaum mehr als 30 verschiedene Briefmarken ausschließlich von Druckereien in Portugal produziert. Zwei von ihnen zeigen den Gründer und langjährigen Generalsekretär der Unabhängigkeitsbewegung PAIGC, Amilcar Cabral, zwei weitere verweisen auf den 3. Kongress der PAIGC bzw. auf das Massaker auf der Pindjiguiti-Mole im Hafen von Bissau. Nach den eher ruhigen Anfangsjahren übernahm im Frühjahr 1980 die kubanische Staatsdruckerei 'William Soler' in Havanna Produktion und Vertrieb der kapverdischen Briefmarken. Für diese Entscheidung dürften die engen politischen Kontakte zwischen den beiden Ländern ausschlaggebend gewesen sein. Nun erschienen bunte Motivsätze wie zu den Olympischen Sommerspielen 1980 oder zur Fußball-Weltmeisterschaft 1982, es gab aber auch Sätze mit der Abbildungen von Tieren, Pflanzen und Schiffen. Die Auflagen waren sehr hoch, im Mittelpunkt stand nämlich die Absicht, die Produktionskosten durch den Verkauf an Sammler zu decken. Die beiden letzten 'kubanischen' Marken erschienen Anfang 1983; auf einer von ihnen hatte die Druckerei den Künstlernamen des Komponisten Francisco Xavier da Cruz vergessen, er wurde schließlich in Praia nachträglich hinzugefügt.
Von 1983 bis 1985 wurden erneut portugiesische Druckereien mit der Herstellung der kapverdischen Briefmarken beauftragt. Sie sorgten gleich für einige sehr seltene Neuheiten: Zum Amilcar-Cabral-Symposium 1983 erschien ein Block in der Auflage von 1.000 Stück, vom Block zum 2. Kongress des nationalen Frauenverbands 1985 wurden nur noch 500 Exemplare gedruckt. Heute sind beide Ausgaben weder in Deutschland noch in Portugal zu finden, auch in Kap Verde sind sie natürlich längst ausverkauft. Dies gilt auch für die drei 'Hundertwasser-Blocks' aus dem Oktober 1985: Von diesem Zeitpunkt an war die Österreichische Staatsdruckerei mit dem eigens gegründeten 'Phila Service Austria' als weltweite Exklusiv-Agentur für Entwurf, Druck und Verkauf der Briefmarken verantwortlich. Mit der 'Vapor'-Marke des Künstlers Friedensreich Hundertwasser und den dazugehörigen Blocks wurde in Deutschland und Österreich kräftig Werbung für Kap Verde betrieben. Für die Sammler bestand der Vorteil im direkten Bezug der Marken - auch in größeren Einheiten sowie von Ersttagsbriefen - in Wien. Doch auch diese Zusammenarbeit hatte nicht lange Bestand. Mit der Papst-Ausgabe im Mai 1990 endete (ohne Angabe von Gründen) die Kooperation.
Nun übernahmen wieder die portugiesischen Druckereien (sowie das schweizer Unternehmen Courvoisier) die Produktion - ein Grund dürfte der Versuch der portugiesischen Post gewesen sein, die Marken möglichst aller ehemaligen Kolonien zentral von Lissabon aus zu vermarkten. Dies erfolgte bis 1995, seither tritt das spanisch-portugiesische Briefmarkenhaus Afinsa (www.afinsaportugal.pt) als Agentur auf. Die Jahresprogramme blieben von Umfang und Kosten her sehr bescheiden, die Auflagen betrugen in der Regel 50.000 Stück je Neuheit. Alle Marken werden von kapverdischen und portugiesischen Künstlern entworfen, sie zeigen neben nationalen Themen auch sportliche Großereignisse und historische Motive. 1999 musste die Post allerdings zwei Marken wieder vom Verkauf zurückziehen, nachdem schon einige Exemplare und Ersttagsbriefe verschickt worden waren: Die Druckereien hatte den Landesnamen 'Cabo Verde' vergessen. Auf dem Großteil der Auflage wurde der Name ergänzt, seitdem sind die Marken regulär zur Frankatur zugelassen. Seit Mai 2003 werden die Briefmarken auch von der britischen Druckerei Walsall hergestellt, die zuvor Courvoisier übernommen hatte. Die aktuellen Auflagen betragen jetzt zum Teil nur noch 20.000 Stück.
Das Postwesen wurde in den Jahren seit der Unabhängigkeit ständig ausgebaut worden. 1995 wurde die Post im Zuge der Privatisierungspolitik der damaligen MpD-Regierung von der Telekom abgespalten. Heute gibt es in allen größeren Orten eigene Postämter, allein in der Hauptstadt Praia bestehen neben der Hauptpost auf dem Plateau noch zwei Nebenstellen in den Stadtteilen Fazenda und Achada de Santo Antonio. Mitte der 60er Jahren wurden auf den Inseln 41 Postämter gezählt, 1995 waren es 53. Briefe nach Deutschland haben eine Laufzeit von etwa zehn bis 14 Tagen - auch damit gehört die kapverdische Post zu den effektivsten Einrichtungen ihrer Art in Westafrika. So schrieb Regina Fuchs in ihrem Reiseführer: 'Die Beförderung der Post erfolgt nach meiner Erfahrung nach sehr zuverlässig, sowohl national als auch international (...). Die Abgabe der Briefe sollte unbedingt direkt auf den Postämtern (oder auf den Flughäfen Sal und Praia) erfolgen.'
Leider gibt es in Deutschland kaum Werbung für die Briefmarken von Kap Verde. Auf Messen ist das Land nicht vertreten. Dabei haben die Briefmarken zumindest bei den Großhändlern einen guten Ruf. Der Sammlerservice Georg Roll (www.georg-roll.de) in Elsfleth hatte Ende der 90er Jahren einen monatlichen Betrag von damals 1,60 DM ausgerechnet. Sein Verkaufsargument: 'Das Programm mit seinen höchstens fünf Ausgaben im Jahr ist sehr sammlerfreundlich und garantiert für Seriosität.'
Weiterführende Literatur
Afinsa: Selos Postais Palop 1998, Porto 1998 (der portugiesische Standardkatalog über die Briefmarken der fünf ehemaligen Kolonien in Afrika seit 1975)
Reinhard Küchler: Kap Verde ist kein Marken-Massenproduzent, Deutsche Briefmarken-Zeitung 4/90, S. 247-249
ders.: Die Überdruckmarken von Kap Verde 1975-1978, Deutsche Briefmarken-Zeitung 12/92, S. 780-786
ders: Kap Verde, MICHEL-Rundschau 9/02, S. 66, 68
MICHEL-Katalog Westafrika 2001/02, München 2001 (aktuelle Nachträge erscheinen in der monatlich publizierten MICHEL-Rundschau)
Phila Service Austria (Hrsg.): Cabo Verde - Austria, Partner für Briefmarken, Wien 1985
Hans-Ulrich Stauffer: Briefmarken vom Äquator, Die Kapverdischen Inseln im Spiegel ihrer Briefmarken, Schweizer Briefmarken-Zeitung 2/97, S. 95-97
Mit den kapverdischen Briefmarken vor und nach der Unabhängigkeit beschäftigen sich auch die Mitglieder der im November 2000 in Düsseldorf gegründeten Arbeitsgemeinschaft Portugal und ehemalige Kolonien (www.arge-portugal.de). Der eingetragene Verein gibt mehrmals im Jahr umfangreiche Mitteilungsblätter heraus, zu einzelnen Gebieten erscheinen Sonderdrucke.
2.9.2003