MpD gewinnt bei Kommunalwahlen 2008 - Knappes Ergebnis in Praia

Die Oppositionspartei Movimento para Democracia (MpD) ist Gewinnerin der Kommunalwahlen auf Kap Verde am 18. Mai 2008. Nach Angaben der Nationalen Wahlkommission CNE liegt sie in elf Gemeinden vorn, die Regierungspartei PAICV gewann die Mehrheit in zehn Gemeinden. Landesweit konnte die MpD nach dem endgültigen Ergebnis der CNE 93.422 Stimmen auf sich vereinigen (47,1 Prozent). Die PAICV kam auf 87.130 Stimmen (43,9 Prozent). Die kleineren Parteien und lokalen Gruppen erzielten - ebenfalls landesweit gesehen - folgende Ergebnisse: UCID 7.043 (3,5 Prozent), GIMS 6.744 (3,4 Prozent), GIGA 2.195 (1,1 Prozent), ASV 914 (0,4 Prozent), GIS 708 (0,3 Prozent).

Das knappste Ergebnis wurde bei der Bürgermeister-Wahl in der Hauptstadt Praia gemeldet. Dort setzte sich MpD-Kandidat Ulisses Correia e Silva, bis 2001 Finanzminister des Landes, mit 23.961 Stimmen (50,13 Prozent) gegen den amtierenden Bürgermeister Felisberto Vieira (PAICV) mit 23.294 Stimmen (48,96 Prozent) durch. Der Vorsprung beträgt somit 667 Stimmen. Der dritte Kandidat, José Manuel Veiga von der UCID, erhielt 433 Stimmen (0,91 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 76 Prozent. Vieira war seit 2000 Bürgermeister der Hauptstadt als Nachfolger des populären Jacinto Santos, der zu dieser Zeit erfolglos versucht hatte, neuer Vorsitzender der damals noch regierenden MpD zu werden. Vieira wurde in der Vergangenheit mehrfach Interesse an einer neuen Aufgabe innerhalb der PAICV bzw. der Regierung nachgesagt. Er gehört zum so genannten Reformflügel seiner Partei. Kurz nach der Wahl kündigte ein Sprecher von Felisberto Vieira an, möglicherweise werde ein Gericht zur Überprüfung der Ergebnisse angerufen. Angeblich soll es Urnen mit nicht ausgefüllten Wahlzetteln und Unregelmäßigkeiten bei den Listen der registrierten Wähler gegeben haben. Zudem seien sieben Wahlurnen von Delegierten der Wahllokale nach der Wahl mit nach Hause genommen und erst am nächsten Morgen zurückgegeben worden sein.

Die MpD gewann mit 23.459 Stimmen (49,97 Prozent) auch die Mehrheit im Stadtparlament von Praia. Die PAICV kam auf 22.972 Stimmen (48,93 Prozent), während die UCID lediglich 519 Stimmen (1,11 Prozent) erhielt. Auf Sal wurde Gemeindechef Jorge Figueiredo von der Grupo Independente para Modernizar Sal (GIMS) im Amt bestätigt. Die GIMS wird von der MpD unterstützt. Figueiredo setzte sich gegen den PAICV-Kandidaten Jorge Spencer Lima durch.
Die MpD konnte neben Praia auch in São Vicente gegen den langjährigen Bürgermeister Onésimo Silveira und in Santa Catarina/Santiago gewinnen. Zudem gewann sie auf Boa Vista und Maio, in Porto Novo und Ribeira Grande (beide Santo Antão) sowie in Tarrafal, São Miguel, São Domingos und Ribeira Grande (alle Santiago). Die PAICV setzte sich den bisherigen MpD-Hochburgen Paúl/Santo Antão sowie in den beiden Gemeinden Ribeira Brava und Tarrafal auf São Nicolau durch. Außerdem gewann sie auf Brava, den drei Gemeinden São Filipe, Mosteiros und Santa Catarina auf Fogo sowie in Santa Cruz, São Lourenço dos Órgãos und São Salvador do Mundo/Santiago.

Auf Fogo war neben PAICV und MpD auch die Grupo Independente Ganhar para Avançar („Den Fortschritt gewinnen“/ GIGA) unter Führung von Luís Pires angetreten, die sich zumeist aus ehemaligen PAICV-Anhängern und -Mitgliedern zusammensetzt. Die PAICV kam auf rund 4.200 Stimmen (46 Prozent), die MpD auf knapp 3.000 (31,5 Prozent) und die GIGA auf rund 2.200 (22,4 Prozent). Damit gibt es folgende Verteilung in der Gemeindevertretung von Sao Filipe: PAICV vier Mandate, MpD zwei und GIGA ein Sitz. Inzwischen will sich die GIGA zu einer politischen Organisation entwickeln. Ihr Ziel sei die weitere Entwicklung von São Filipe, erklärte Luís Pires. Die Existenz regionaler Gruppen wie der GIMS auf Sal oder der GIGA sollte jedoch nicht überbewertet werden: Ihre Strukturen sind abhängig von wenigen Persönlichkeiten und spiegeln die Unzufriedenheit auf einigen Inseln mit der Dominanz von PAICV und MpD bzw. den angeblich ungerechten Verteilung von Finanzmitteln innerhalb des Landes durch die Zentralregierung wider.

Einige Tage nach der Wahl wurde - nicht nur in Praia - von möglichen Unregelmäßigkeiten berichtet. So sollen in Santa Catarina/Santiago über 1.200 Stimmzettel mehr abgegeben worden sein als teilnehmende Wähler ins Verzeichnis eingetragen waren. In Mindelo soll die Differenz mehr als 2.000 betragen haben. Landesweit, so A Semana Online, belaufe sich die Differenz auf mehr als 7.000 bei 252.724 registrierten Wählern. Die CNE will jetzt herausfinden, wie die Diskrepanz zu erklären ist. Nach der bisherigen Auszählung in Santa Catarina hat MpD-Kandidat Francisco Tavares einen Vorsprung von 960 Stimmen gegenüber seinem PAICV-Gegner Alcídio Tavares. Möglicherweise muss die Kommunalwahl dort jetzt wiederholt werden, allerdings war davon zuletzt keine Rede mehr. Ob auch in Mindelo noch einmal gewählt werden muss, ist unklar. Dort hatte MpD-Kandidatin Isaura Gomes mit einem Vorsprung von 4.604 Stimmen über Onésimo Silveira gewonnen, der jetzt für die PAICV antrat. Silveira gehört zu den bekanntesten Lokalpolitikern in Kap Verde. 1998 gründete er die sozialdemokratische Partido do Trabalho e da Solidariedade (PTS), die für eine stärkere Regionalisierung eintrat. Seine Kandidatur zur Präsidentschaftswahl 2001 zog er kurz vor dem Wahltermin wieder zurück.

Insgesamt wurden Sitze in 22 Kommunalparlamenten vergeben. Erstmals wurde auch in den neu gebildeten Kommunen Ribeira Grande, São Lourenço dos Órgãos, São Salvador do Mundo/alle Santiago, Santa Catarina/Fogo und Tarrafal/São Nicolau gewählt. Neben PAICV und MpD traten auch Kandidaten der UCID sowie Unabhängige an. Die Wahlbeteilung lag landesweit bei etwas mehr als 80 Prozent. Dies ist die höchste Beteiligung seit Einführung der Kommunalwahlen im Jahr 1991. Landesweit hatte es insgesamt 752 Wahllokale gegeben. Der Wahlkampf wurde allgemein als fair bezeichnet. Erstmals setzte die CNE auch SMS ein, um die Wähler über ihre Wahllokale zu informieren. Auch konnten die Wähler im Internet überprüfen, ob sie in den Wahllisten aufgeführt waren (cne.cv). Unterdessen hat die PAICV eine erste Analyse der Wahlen erstellt. Sie soll jetzt während einer Sitzung des Nationalrats diskutiert werden.

Auch bei den vergangenen Kommunalwahlen gab es teilweise Überraschungen. Am 15. Dezember 1991 siegte die MpD in acht von 14 Gemeinderäten, die PAICV gewann nur auf Fogo und Boavista. Die anderen vier Kommunen gingen an unabhängige Kandidaten. Die Wahlbeteiligung lag damals bei 49 Prozent. Dies war die erste Kommunalwahl in Kap Verde, sie fand wenige Monate nach der demokratischen Parlaments- und der Präsidentschaftswahl statt, bei der sich jeweils die MpD durchgesetzt hatte. 1996 gewann die MpD acht der jetzt 16 Gemeinderäte (unter anderem Santo Antao und Praia), die PAICV siegte wieder in ihren Hochburgen Fogo und Boavista sowie auf Sal. Vier Kommunen gingen an unabhängige Kandidaten. Der bekannteste von ihnen war Onesimo Silveira, der bereits seit 1991 Bürgermeister in Mindelo war.

Mit einer Niederlage für die damals noch regierende MpD endeten die dritten Kommunalwahlen am 20. Februar 2000 (Wahlbeteiligung von 59 Prozent). Zwar stellte sie unverändert die Mehrheit in acht von jetzt 17 Gemeinderäten, kam mit landesweit 32,3 Prozent der Stimmen aber auf den zweiten Platz hinter der PAICV mit 33,4 Prozent. Sie konnte sechs Gemeinden für sich verbuchen, drei gingen an unabhängige Kandidaten. Bemerkenswert waren vor allem die PAICV-Gewinne auf Santiago, bisher eine Hochburg der MpD. Hier zählte vor allem der Sieg von Felisberto Vieira in Praia. Damit deutete sich der Sieg der PAICV ein Jahr später bei den Parlamentswahlen an. Allerdings gab es bei der Bürgermeister-Wahl in Praia zahlreiche Kandidaten, die sich gegenseitig die Stimmen wegnahmen: Neben Vieira traten auch Nasolino Santos (MpD), Eurico Monteiro (PCD) und der Unabhängige Joao Ramos an. Die MpD gewann in Porto Novo, Sao Miguel, Boavista und Paul, die PAICV neben Praia auch Sao Filipe und Brava. Unabhängige Kandidaten gewannen in Ribeira Grande (Jorge Santos) und Mindelo (Onesimo Silveira).

Bei den vierten Kommunalwahlen am 21. März 2004 lag die MpD wieder vor der PAICV. Damals gewann sie in Sao Vicente, Porto Novo, Paul, Sao Nicolau, Boavista, Maio, Sao Domingos, Sao Miguel und Tarrafal. Die PAICV konnte sich in Praia, Santa Cruz, Santa Catarina, Sao Filipe, Mosteiros und Brava durchsetzen. In Ribeira Grande und Sal gewannen jeweils unabhängige Kandidaten.

Quellen: A Semana Online (asemana.cv) Mai und Juni 2008, DASP-Heft 95 (2001) und 123 (2005), Afrika-Jahrbuch 1991, Afrika-Jahrbuch 1996, Afrika-Jahrbuch 2000, jeweils herausgegeben vom Institut für Afrika-Kunde Hamburg.
Reinhard Küchler
11.6.2008